Stoff statt Plastik

Dorit Zimmermann • Dez. 09, 2022

Rund 5.000 Windeln füllt ein Kleinkind im Durchschnitt, bis es „sauber“ ist. 95% der Eltern entscheiden sich aus Gründen der Bequemlichkeit für Einwegwindeln. Das kostet nicht nur eine Menge Geld, sondern hinterlässt auch einen gigantischen Müllberg: allein in München 30.000 Tonnen pro Jahr. 


Wegwerfwindeln bestehen zum großen Teil aus Kunststoff, der nicht biologisch abbaubar ist. Da Einmalwindeln nicht wiederverwertet werden können, müssen sie nach Gebrauch verbrannt werden. Dabei werden Schadstoffe freigesetzt und Ressourcen verschwendet. In der Umwelt benötigt eine Wegwerfwindel ca. 450 Jahre, bis sie sich vollständig zersetzt hat.

 

Auch ihre Herstellung ist nicht nachhaltig: Der Kunststoff wird aus Erdöl gewonnen, und für den Zellstoff werden Bäume abgeholzt – vier bis sechs Bäume pro Kind. Bei Einwegwindeln mit dem Siegel „Blauer Engel“ stammt der Zellstoff zumindest aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Im Vergleich zu den 1990er Jahren stecken in heutigen Wegwerfwindeln zwar 50% weniger Rohstoffe, aber dennoch verursachen deren Herstellung, Transport, Vertrieb, Benutzung und Entsorgung jede Menge klimaschädliche Treibhausgase: rund 550 kg CO2-Äquivalente pro Kind und Windelzeit.


Im Laufe von drei Jahren fallen für Wegwerfwindeln, inkl. Zubehör und Müllgebühr, 1.500 bis 3.900 € an, je nachdem, wie viele Windeln verbraucht werden und wie hoch die Müllgebühr ist. Nach Berechnungen des „BUND Naturschutz in Deutschland e.V.“ produziert jedes Kind hierzulande rund eine Tonne Windelmüll. In manchen Kommunen machen Wegwerfwinden bis zu 10% des Restmülls aus.

 

Stoffwindeln sind nachhaltig und kostengünstig

 

Eine mögliche Alternative sind waschbare Stoffwindeln. Sie sind nachhaltig und unter Berücksichtigung aller Kosten deutlich günstiger als Wegwerfwindeln. So schlägt eine Ausstattung Stoffwindeln mit ca. 500 Euro zu Buche, alle weiteren Kinder „wickeln“ nahezu umsonst. Fürs Waschen kommen pro Jahr rund 100 € dazu, je nach Waschhäufigkeit, -temperatur und Waschmittel. Mit einem Trockner verdoppeln sich die Kosten noch einmal, und die Windeln werden stärker und schneller abgenutzt.

 

In vielen Regionen haben sich Stoffwindelberaterinnen niedergelassen, die Mietpakete anbieten und den Eltern beratend zur Seite stehen. Dieses Konzept hat sich v.a. für die Neugeborenenphase bewährt. Deutschlandweit gibt es verschiedene Anbieter, die „Neugeborenen-Mietpakete“ im Programm haben. Diese enthalten unterschiedliche Wickelsysteme zum Ausprobieren für einen Zeitraum von acht Wochen. Danach muss das gesamte Paket gewaschen zurückgeschickt werden, und die Eltern können entscheiden, ob sie bei Stoffwindeln bleiben, und mit welchem System sie und ihr Baby am besten zurechtkommen.

 

Windelservice – bequemer geht es kaum

 

In München und den angrenzenden Gemeinden verleiht die „Windelei“ wiederverwendbare Windeln mit Einlagen aus Bio-Baumwolle und Hanf. Die benutzten Windeln werden an der Haustüre abgeholt und gegen frische ausgetauscht. Anschließend werden sie ressourcenschonend gewaschen. Durch spezielle Kennzeichnung der Windeln erhält jeder Kunde sein persönliches Kontingent zurück.

 

Ökobilanz


Alles in allem schneiden Stoffwindeln am besten ab. Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2021 kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass Stoffwindeln ökologisch sinnvoller sind als Wegwerfwindeln. Sie erzeugen viel weniger Müll: Den 5000 bis 6000 Einwegwindeln pro Kind stehen zwischen 24 bis 28 Stoffwindeln gegenüber. Da Stoffwindeln von bis zu vier Wickelkindern in Folge genutzt werden können, sind sie wesentlich nachhaltiger. Der einzige Wermutstropfen ist die Tatsache, dass durch das häufige Waschen bei 60°C viel Wasser und Energie verbraucht wird. Verbessern lässt sich die Ökobilanz durch das Waschen mit einem Eco-Programm und dem Einsatz eines umweltverträglichen Waschmittels im Nachfüllpack sowie auf den Verzicht auf einen Trockner.


Stoffwindeln gibt es als praktische Höschenwindeln mit pfiffigen Überhöschen.

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